Existenz des Vereins gerettet und die Bevölkerung mit Nasen- und Mundmasken versorgt
Es war kein Aprilscherz als die Ehefrau Silvia des Vorsitzenden Manfred Chytralla am 1.4.2020 ihrem Manfred von ihrem Gedanken erzählte, im angemieteten Vereinsheim von den Vereinsmitgliedern Nasen- und Mundmasken nähen zu wollen. Noch am selben Tag wurde die Stadtverwaltung angetextet, ob man sich angesichts des erlassenen Versammlungsverbotes im Vereinsheim treffen dürfte, um in einer Gemeinschaftaktion diese Masken zu fertigen.
Zunächst bekam man eine Ablehnung, weil die Stadt Bedenken wegen der Hygiene- und Abstandsregelungen hatte. Doch nach weiteren Informationen des Vorstandes an die Stadt hat man dort grünes Licht gegeben und Wanderlust am 6.4. von der Entscheidung unterrichtet, dass man starten könne. Von Silvias Idee, bis zur Abklärung der rechtlichen Fragen und zur Umsetzung vergingen nur wenige Tage. Bereits am Nachmittag des 6.4. besorgte sich Manfred die ersten Staubsaugerbeutel von der Kamener Reinigungsfirma Kareima, um ein Stück vom Vlies in die Masken mit einzubringen. Er wusste durch Studien, dass der Wirkungsgrad der Masken durch die Vlieseinlage entscheidend erhöht würde.
Die rechtlichen und medizinischen Unsicherheiten wurden geprüft und einer Lösung in der Form zugeführt, als dass man bei der geplanten Ausgabe der Masken neben einem Anschreiben auch Sicherheits- und Pflegehinweise mit aushändigte. Außerdem versicherte man sich, dass das verarbeitete Staubsaugervlies keine Polymerstäube enthalten.
In der Vereins-WhatsApp-Gruppe rief Manfred dazu auf, dass des Nähens Kundige sich melden mögen. Zaghaft meldeten sich die ersten, die helfen wollten, jedoch mangelte es zunächst an der Kunst des Nähens. Aber anderweitig wurde Hilfe angeboten: Vom Vereinsschriftführer Hartmut Kukatsch, bekam man eine Singer-Nähmaschine im Holzschrank zur Verfügung gestellt, auf der schon seine Mutter Kleidung für ihn nähte. Weitere Mitglieder meldeten sich zum Zuschneiden und Stecken des Stoffes mit Stecknadeln, sowie zum Bügeln, Abschneiden der Gummis etc. Und am 8.4. saß die erste Mannschaft mit drei Nähmaschinen im Vereinsheim und versuchte sich anhand eines Videofilmes an der ersten Fertigung einer Maske.
Von dem zunächst ernüchternden Arbeitsergebnis von 6 Masken in 4 Stunden, die von 5 Personen geschafft wurden, ließ man sich nicht entmutigen. Selbst die Aussage vom mithelfenden Geschäftsführer Georg Bethke, dass kein Gesicht so schief sein kann, dass die von ihm produzierte Maske jemanden passen würde, nahm man als humoristische Aussage hin. Am nächsten Tag, 9.4.2020, wurde ein neues Schnittmuster ausprobiert und insgesamt 12 Vereinsmitglieder legten mit neuem Elan ein nicht für möglich gehaltenes Ergebnis von 75 vorzeigbaren Masken als Tagesergebnis vor.
Beflügelt vom tollen Pressebericht des Hellweger Anzeigers fanden sich nach Ostern wiederum nicht nur viele Vereinsmitglieder ein, um Masken zu fertigen, sondern Wanderlust bekam auch Unterstützung von zwei vereinsfremden Damen (Gaby Einecke und Renate Rumpf), die mit ihren Nähkünsten noch einmal richtig Schwung ins Team brachten.
Bei der nächsten Maskenausgabe nach Ostern am 14.4. bildetet sich schon eine kleine Schlange vor unserem Vereinsheim.
Inzwischen waren wir mit profihaft anmutendem Plexiglasschutz als Husten- und Niesschutz ganz weit vorn, der von der Kamener Firma Steelvoll kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.
Die Berichte in den Zeitungen, Antenne Unna und der Facebookbetreuerin Nicole Schremmer-Bothe, die unter facebook auf die nächste Maskenausgabe am 16.4. hingewiesen haben, riefen auch eine neidvolle Stimme auf den Plan. Sie konnte sich nicht damit anfreunden, dass die Öffentlichkeit dem RV Wanderlust so viel wohlwollende Aufmerksamkeit schenkt. Die Verantwortlichen buchten das unter dem Motto ab: Neid muss man sich erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt.“ Ein Spruch von Arthur Schoppenhauer, „In Deutschland ist die höchste Anerkennung der Neid“, bestärkte die Helfer*innen in ihrem Wirken für den sozialen Einsatz des Vereins und die Dorfbewohner
Angesichts des Erfolges bei der Spendenbereitschaft der Bevölkerung und der damit verbundenen Existenzsicherung des Vereins potenzierte sich der Arbeitseinsatz des immer größer werdenden und sich abwechselnden Einsatzteams. Die Stimmung war bei den Helfern und Spendern gleichermaßen euphorisch.
Inzwischen wurden die Gummibänder knapp und es wurde in den Medien ein Aufruf gestartet, der nicht nur Gummibänder, sondern auch neue, ausgefallene Stoffe brachte. Das Model „Glückauf“ wurde aus Hemden ehemaliger Bergwerksmitarbeiter geschneidert. Oldtimerliebhaber kamen mit Stoffen, auf denen der VW Bulli T1 zu sehen ist, voll auf ihren Geschmack.
Die Zuneigung zum Verein und dessen Engagement äußerte sich auch darin, dass Wanderlust auch noch elektrische Nähmaschinen geschenkt bekam, die man gut gebrauchen konnte, denn die Helfer*innen waren so lern- und wissbegierig, dass sie nach kurzer Zeit auch mit diesen Maschinen nähen konnten.
Damit erhöhte sich die tägliche Produktion abermals. Außerdem meldete sich mit Ralf Tumienny ein Nähmaschinenreparateur und bot seine Hilfe an, die heiß gelaufenen Nähmaschinen wieder in Stand zu setzen. Eine weitere Nähmaschine hatte er auch für den Verein dabei, sowie Gummibänder, ausgefallene Stoffe und reichlich Nähgarn in verschiedenen Farben.
Die Maskenausgabe 22.4. zwischen 17 und 18:00 Uhr wurde zu einem vorläufigen Höhepunkt. Eine Schlange von ca. 40 Metern bildete sich und die es wurden rund 150 Masken ausgegeben. Dieser Tag wurde jedoch schnell am 25.4. übertroffen, weil die Politik eine Maskenpflicht für den kommenden Montag, 27.4. ankündigte. Die Schlange der diszipliniert und im gebührenden Abstand voneinander wartenden Menschen war ca. 100 Meter lang und reichte bis zur Margaretenkirche.
Es schien, als ob ganz Methler nun die nun professionell aussehenden Masken in einer schier unendlichen Vielfalt fein säuberlich in hygienisch verpackten Gefrierbeuteln haben wollte. Das Motiv „Hallo Kitty“ war bei Kindern besonders beliebt.
Ganz nebenbei sind eine Anzahl von Dorfbewohnern wegen des Engagements von Wanderlust dem Verein beigetreten und lassen ihrem Lob und Anerkennung auch Taten folgen. Das freut Wanderlust sehr, weil es natürlich nachhaltig ist.
Inzwischen hat auch der Schützenverein Methler den einen Aufruf seines Vorsitzenden Dirk Poppke folgend, den Radsportverein personell unterstützt, weil die seit drei Wochen jeweils 5 Stunden werktäglich produzierenden Helfer*innen am Limit angekommen sind. Wanderlust bedankt sich bei Petra Freitag, Kerstin und Gerda Poppke für die hilfreiche Unterstützung.
Am 28.4. war der vorletzte Ausgabetag und von den Helfer*innen wurde als vorläufig letzter Ausgabetag der Samstag, 2. Mai zwischen 11 und 12:00 beschlossen. Selbst Schneegestöber hielt die Menschen nicht davon ab, sich mit Masken einzudecken.
Nach der letzten Maskenausgabe meldete sich die Presse beim Vorsitzenden, Manfred, mit dem Hinweis, dass ein besorgter Leser mitteilte, dass manche Staubsaugerbeutel antibakteriell wirkendes Pulver aus Polymer enthalten könnten, die eine gesundheitsschädliche Wirkung haben können, sollten diese in die Atemwege gelangen. Diese von der Drogeriemarktkette „dm“ verbreitete Mitteilung war dem Verein bekannt, ging jedoch ins Leere, weil die verwendeten Staubsaugerbeutel der Fa. Kareima keine derartigen Stoffe enthalten. Dies wurde bereits bevor die Masken gefertigt wurden geprüft und nunmehr auch von der Geschäftsführerin von Kareima, Sandra Oelgeklaus, bestätigt.
Bei seiner Maskennähaktion in seinem Vereinsheim hat der RV Wanderlust alles richtiggemacht: Soziales Engagement gezeigt, frei nach den Worten von J.F. Kennedy „Frage nicht was dein Verein (Dorf, Land) für dich tun kann, sondern frage, was du für dein(en) Verein (Dorf, Land) tun kannst“, den Zusammenhalt und die Identifikation mit dem Radsportverein Wanderlust Methler 1900 e.V. untereinander, der Dorfbewohner und des Dorfes unterstützt. Und den bekannten Ausspruch von Helmut Schmidt mit Leben erfüllt, der einmal gesagt hat: „In der Krise erkennt man den Charakter.“ Dies ist im Positiven wie auch Negativen gemeint. Während hamsternde Zeitgenossen sich mit Kassiererinnen und Ladenbesitzern herumstreiten, warum man nicht bis zu 80 Rollen Toilettenpapier kaufen darf, wartet der RV Wanderlust mit Aktionen auf, die der Dorfgemeinschaft zu Gute kommen.
Der Dank des Vorstandes um Manfred und des gesamten RV Wanderlust geht an das Helferteam mit Rolf Berkemeier, Georg Bethke, Nicola Bucholski, Silvia Chytralla, Mike Eberl, Gaby Einecke, Christiane Heinemann, Marion und Martin Jacobi, Yvonne Kalle, Hartmut Kukatsch, Heidi Linke, André und Silvana Löwe, Sabine und Wolfgang Merkel sowie Jan Merkel, der einige Male mit Gebärdensprache weiterhalf, Desirée Patschkowski, Birgit Recker, Renate Rumpf, Monika Rütter aus Münster und Gudrun Stoverock, die das neue Schnittmuster und selbstgenähte Masken zur Verfügung stellten sowie Ralf Tumienny. Außerdem half der Vereinsnachwuchs in Person von Caitlin, Josephien, Leonie und Lewis.
Besondere Erwähnung gebührt Wolfgang Merkel, der stets um das leibliche Wohl des Einsatzteams besorgt war und der den Zusammenhalt mit Getränken und selbst hergerichteten Menüs festigte.
Nicht zu vergessen der „Vereinshund Cola“, der akribisch aufpasste, dass die Arbeiten in gebührendem Abstand erfolgten.