Radsportverein Wanderlust Methler will seinen Dorfkern verschönern

Eingebettet von alten Fachwerkhäusern präsentiert sich der idyllische Dorfkern in Methler. Aus dem Süden in Richtung Dorfkern kommend liegt an der linken Seite des Dorfeingangs das alte Fachwerkhaus der Familie Wilhelmine und Oskar Rusche. Dieser war kurz nach dem 2. Weltkrieg einmal Bürgermeister von Methler. Heute gehört das gepflegte Haus mit seiner Fachwerkfassade und dem großen Tor und dem dort angebrachten Wappen der Familie Scheuer-Naddig.



Die obere Etage dient auch heute noch als Loge für alle Festumzüge des Schützenverein Methler 1830. Alle zwei Jahre ein großes Ereignis im Dorf. Der Vorbeimarsch an den Majestäten der umliegenden Schützenvereine, die hier Aufstellung beziehen, gilt als einer der Höhepunkte des Schützenfestes.

Ein Steinbrunnen ziert den Vorplatz an dem jährlich auch der Maibaum aufgestellt wird. Leider wegen der Coronaeinschränkungen nicht in diesem Jahr. Beim Baujahr des Hauses ist man sich nicht sicher, weil die Unterlagen im Krieg verlorengegangen sind. Allerdings wird von einer Jahreszahl von vor 1900 ausgegangen.

Schräg gegenüber steht das unter Denkmalschutz gestellte Fachwerkhaus des ehemaligen Kunstprofessors Lothar Kampmann. Im Erdgeschoß waren einmal eine Poststelle (links) und eine Fleischerei (rechts) untergebracht. Kampmann verschönerte sein Haus mit Stuck und Kunstobjekten.



1925 in Aachen geboren war Kampmann seit 1968 ordentlicher Professor am Lehrstuhl für Kunst und Didaktik an der Technischen Universität Dortmund (TU) und gründete 1975 das Kunstlabor der TU Dortmund. Zu seinen bekanntesten Kunstobjekten in Methler zählt zweifellos des Denkmal „Bergmannsleben“.

Bis zu seinem Tode 1993 lebte er in Methler und hat durch seine Skulpturen und andere Kunstobjekte überregionale Bekanntheit erlangt. Seiner Wahlheimat war er sehr verbunden und verewigte sich mit seinen Werken an der Südschule und Jahnschule im Methler.

Nicht weit in Richtung des eigentlichen Ortskerns gelangt man zum bereits 1847 gebauten Fachwerkhaus und damit eines der ältesten Häuser im Dorfkern der jetzigen Pizzeria „Bei Tino“. Die Inschrift des alten Eichenbalkens neben dem Eingang wurde von den die Pizzeria betreibenden Eigentümern, dem Ehepaar Mazzoletti, mit weißer Schrift hervorgehoben. Gut zu lesen ist dort, dass „Friedr. Wm. und Sophie Middendorff das Haus zum Segen des Herzen und mit Mühe im Juli 1847 erbaut“ haben.



Schräg gegenüber steht ehrwürdig das denkmalgeschützte alte Amtshaus. Es war im alten Kirchspiel Methler zunächst eine Schule und einstöckig. Nach dem Neubau der Schule wurde in diesem Gebäude ein Polizeiposten untergebracht. Im Jahre 1942 wurde das alte Haus abgerissen und das jetzt noch bestehende Gebäude errichtet, das als Amtsnebenstelle des Amtes Unna-Kamen diente. Heute wird es als Wohnhaus genutzt.



Auch die ehemalige Gaststätte „Zum Dorfkrug“, die vor neun Jahren geschlossen wurde, wird derzeit wieder herausgeputzt und in wenigen Wochen nach umfangreichen Modernisierungsarbeiten als Versicherungsbüro eröffnet. Die noch bei vielen im Gedächtnis gebliebenen Wirtsleute Herbert und Melitta Budde übernahmen die Gast- und Schankwirtschaft von Heinrich Budde bevor sie sie 1970 an Gerda und Horst Poppke verpachteten. Horst Betticher mit seiner Frau Ingrid führten die Gaststätte zuletzt bis 2011. Seitdem stand sie leer.



Bei den Entkern- und Renovierungsarbeiten hat der jetzige Eigentümer, Andreas Nachtigal, den alten Eichenbalken wiederentdeckt, der bei der Erweiterung des ehemaligen Gastraumes vor ca. 100 Jahren verkleidet wurde. Hierin verewigten sich die Erbauer, die Eheleute Friedrich Kochling und Maria Grundmann, am 11. August 1866.

Nachtigall hat so viel wie möglich in altem Stil wiederhergerichtet. So fungieren die ehemaligen Fenster der Gaststätte innen als Raumteiler. Im ehemaligen Saal wurde der alte Holzfußboden geschliffen und die Wände verputzte Nachtigall mit Lehmputz. In der kleinen Kammer vor dem Saal bekamen die uralten Mauerreste und die mit Lehm und Stroh verputzten Wände eine historische Bleibe.

Ein wenig zurückstehend versteckt sich das ebenfalls in Fachwerk erstellte Wohnhaus der ehemaligen Schreinerei Dellwig. August und Emma Dellwig erbauten es anno 1886. Der im Dorf Methler noch sehr bekannte Tischlermeister Willi Robbert übernahm den Betrieb in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Jedermann in Methler wusste, dass Willi seinen Beruf eher als künstlerisch tätiger Handwerker verstand. Das spätere Ehrenmitglied war dem RV Wanderlust sehr zugeneigt. Die Karnevalisten des Vereins fertigten mit seiner Hilfe über viele Jahre Utensilien für die Aufführungen der Karnevalveranstaltungen. Außerdem stellte er jahrzehntelang das Begleit- und Pannenfahrzeug für die traditionellen Pättkesfahrten des Vereins jeweils am Fronleichnam.



Sein Sohn Christian Robbert unternahm 2013 eine Kernsanierung und legte selbst im Innenbereich alle Eichenbalken frei. An der Außenwand im Wohnzimmer wurde eine Wandlehmheizung installiert, die im Winter eine wohlige Wärme spüren lässt und im Sommer fast wie eine Klimaanlage fungiert. Ein solches Raumklima findet man äußerst selten.

Man muss kein Ästhet sein, um die Fassade der alten Bäckerei im Dorfkern von Methler, die der RV Wanderlust im vergangenen Jahr als Vereinsheim umgewandelt hat, als fade zu empfinden. Der Umbau in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts versprüht mit den dunkelbraunen Klinkersteinen den dementsprechenden „Scharm“.

Da der Radsportverein Wanderlust Methler 1900 sich bereits bei seiner Errichtung des Vereinsheims der Nachhaltigkeit verschrieben hat, wurde im Innenbereich eine Fachwerkecke am Stammtisch aus Balken eines ehemaligen Dachstuhls eingerichtet. Dieser lag bereits zum Abtransport im Holzcontainer. Mitglieder des Vereins haben die Dachsparren „gerettet“ und in ihrem zweiten Leben einer neuen Bestimmung zugeführt.



Auch den Einrichtungsgegenständen zweier ehemaliger Gaststätten verhalfen die Vereinsmitglieder zu neuem Leben. Das „Haus Heil“ aus Oberaden, inzwischen vollständig abgerissen, und der Dorfkrug in Holzwickede, aus dem Wohnungen erstellt wurden, steuerten mit ihrem Mobiliar und Ausstattungsgegenständen maßgeblich zur Einrichtung des neuen Domizils von Wanderlust bei.

Nunmehr hat sich der geschäftsführende Vorstand des Radsportvereins mit dem Vorsitzenden, Manfred Chytralla, überlegt, wie er die Fassade seines Vereinsheim dem Ortskern im alten Dorf Methler anpassen kann. Zur Idee, die Außenfassade ebenfalls mit einem Eichenfachwerk herzurichten, brauchte man nicht lange.

Jetzt ergab sich die Möglichkeit, aus dem Abriss des ehemaligen Bauernhauses der Familie Schulze-Bergcamen in Südkamen einige alte Eichenbalken zu bekommen. Sie sollen nun bald wieder ihrer Zweckbestimmung zugeführt werden. Auch der ursprüngliche Inschriftbalken, der davon zeugt, dass die Familie Mork 1884 dieses Gebäude errichtet hat, wurde vom Verein gerettet. Dieser soll einen neuen Ehrenplatz über dem Eingang des Vereinsheims erhalten.



Die ehemaligen Eigentümer, Ulrike und Hermann Schulze-Bergcamen, verfolgen die Aktivitäten des Radsportvereins mit großem Interesse. Die inzwischen in Brandenburg beheimateten Familie ist hoch erfreut von der Idee von Wanderlust Teile ihres Hofes weiterleben zu lassen und wünscht dem Verein ausdrücklich viel Erfolg bei der Umsetzung des Projektes. Man schrieb dem Vereinsvorsitzenden, Chytralla, dass „der alte Mork sowie der Großvater Wibbeling und auch der Vater von Schulze-Bergcamen ihre Freude daran gehabt hätten“, dass die alten Eichenbalken noch einmal sinnvoll verwendet werden und in der näheren Umgebung in Methler ein zweites Leben bekommen.



Zeichnerisch und technisch unterstützt wird das Vorhaben vom Heeren-Werver Unternehmen Holzbau Timmermann. Von ihm stammt auch ein visionärer Anblick, den der versierte Mitarbeiter Kolöchter visualisiert hat. Es wird geplant, die braune Metallverkleidung zu entfernen und sie durch ein Schleppdach mit 4 – 5 roten Dachpfannenreihen zu ersetzen. Sicherlich ein kühnes Unterfangen, aber es wird den alten Dorfplatz im Dorfkern von Methler mächtig aufwerten.

Erfreulicherweise hat sich auch der Vermieter des Vereinsheim bereits mündlich grundsätzlich mit einer Verschönerung der Außenfassade in Form eines Eichenfachwerkes bereiterklärt. Die Stadtverwaltung hat nicht nur keine Einwände, sie war hoch erfreut, ob der Anstrengungen des Vereins, einmal mehr etwas für den Ortskern zu tun. Auch die untere Denkmalschutzbehörde gibt grünes Licht, wenn der Verein beim Anschluss der Fassade zum denkmalgeschützten Amtshaus bestimmte Dinge beachtet.

Die Dorfbewohner, die bisher von den Plänen des Vereins Kenntnis erlangten, finden die Idee grandios und der Traditionsverein freut sich auf Unterstützung in Form von Neubeitritten, nicht nur um gegen Krisen gewappnet zu sein, sondern auch um weitere Kreativität in den Verein zu bekommen.

Kamen-Methler, 25.6.2020


Bericht im Hellweger Anzeiger am 13.07.2020: